Wenn man wie ich besonders gerne englischsprachige Literatur mag und auch gerne mal in den entsprechenden Regalen der Buchhandlungen herumstöbert, stolpert man immer mal wieder über Bücher, die mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet oder für ihn nominiert waren. Und je öfter mir das aufgefallen ist, desto erstaunter war ich darüber, wie sehr sich mein Buchgeschmack mit dem der Booker-Juroren deckt. Viele meiner Lieblingsbücher waren auf der Short- oder Longlist oder haben den Preis gewonnen.
Letztes Jahr dann bin ich die Sache zum ersten Mal „systematisch“ angegangen. Nachdem ich während meines England-Urlaubs in wirklich jeder Buchhandlung auf die Shortlist gestoßen bin, habe ich sie mir schließlich gekauft. Und (zumindest teilweise) gelesen. Leider war ich damit etwas spät dran, so dass ich mein Vorhaben, die Shortlist vor der Preisverleihung zu lesen, dann doch nicht ganz umgesetzt habe. Aber für den Man Booker Prize 2012 bin ich besser vorbereitet. Ich steige nicht erst bei der Shortlist, sondern gleich bei der gestern vorgestellten Longlist ein. Ich glaube zwar nicht, dass ich es schaffen werde, alle zwölf Bücher der Longlist für den Man Booker Prize 2012 bis Oktober zu lesen, aber bei mir zu Hause einziehen werden sie auf jeden Fall. Und dann schaue ich weiter. Aber erst mal habe ich mich über die Nominierten informiert. Und behalte mein neu erworbenes Wissen natürlich nicht für mich.
Nachtrag: Mittlerweile wurde die Shortlist für den Man Booker Prize 2012 veröffentlicht.
Longlist des Man Booker Prize 2012
The Yips (Nicola Barker)
Komödie um den Profi-Golfer Stuart Ransom, dessen beste Zeiten ganz klar der Vergangenheit angehören und der 2006 – als die Welt noch ganz anders war als heute – in einem Hotel in Ludon auf eine ganze Mannschaft skurriler Persönlichkeiten trifft.
Nicola Barker, geboren 1966 in Cambridgeshire, war bereits 2004 mit „Clear“ auf der Longlist des Man Booker Prize und schaffte es 2007 mit „Darkmans“ sogar auf die Shortlist.
The Teleportation Accident (Ned Beauman)
Drei miteinander verbundene Handlungsstränge zu drei Zeiten, und alles geht aus von Lavicini, der im 17. Jahrhundert Bühnenbilder entworfen und eine Maschine erfunden hat, die die Schauspieler „teleportiert“ und ihnen so viel Zeit spart – bis die Maschine in einem Unfall etliche Menschen tötet.
Ned Beauman, geboren 1985, wurde für seinen Vorgänger- und Debütroman „Boxer, Beetle“ (Flieg, Hitler, Flieg) hoch gelobt und bereits mehrfach ausgezeichnet.
Philida (André Brink)
Philida ist Sklavin in Südafrika. Es ist das Jahr 1832 und es hört sich für Philida gar nicht so unwahrscheinlich an, als der Sohn ihres Herrn, mit dem sie vier Kinder hat, ihr die Freiheit verspricht. Doch als er das Versprechen bricht, muss Philida die Sache selbst in die Hand nehmen.
André Brink, geboren 1935 in Südafrika, hat es bereits mit zwei Romanen auf die Shortlist des Man Booker Prize geschafft: 1976 mit „Rumours of Rain“ und 1978 mit „An Instant in the Wind“.
The Garden of Evening Mists (Tan Twan Eng)
British Malaya 1946: Yun Ling Teoh hat in Cambridge Jura studiert und anschließend gegen die japanischen Besatzer ihres Heimatlandes gekämpft und unter ihnen gelitten und zieht sich zurück in den Dschungel, wo sie beim Japaner Aritomo alles über das Anlegen eines japanischen Gartens lernt.
Tan Twan Eng, geboren 1972 in Penang, war 2007 bereits mit seinem Debütroman „The Gift of Rain“ auf der Longlist für den Man Booker Prize.
Willkommen auf Skios – Skios (Michael Frayn)
Auf der Ferieninsel Skios wartet eine amerikanische Stiftung auf ihren Gastredner Dr. Norman Wilfred, der einen Ehrenpreis verliehen bekommen soll und der sich als jung und charmant erweist, während am anderen Ende der Insel ein anderer Dr. Norman Wilfred offenbar nicht mehr weiß, wo er ist.
Michael Frayn, geboren 1933, stand 1999 mit „Das verschollene Bild“ (Headlong) bereits auf der Shortlist und 2002 mit „Spionagespiel“ (Spies) auf der Longlist des Man Booker Prize.
Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry (Rachel Joyce)
Eigentlich wollte Harold Fry, gerade im Ruhestand, nur einen Brief an seine sterbende Kollegin einwerfen – doch einem Impuls folgend macht er sich auf den Weg, direkt zum Krankenhaus zu laufen – 1.000 km von Südengland nach Schottland.
Rachel Joyce arbeitete für den BBC als Journalistin, bevor sie mit „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harod Fry“ ihren ersten Roman schrieb.
Swimming Home (Deborah Levy)
Eine Geschichte über eine Gruppe verwöhnter Touristen an der französischen Riviera, deren Sommerurlaub anders verläuft als erwartet, und über die Auswirkungen von Depressionen auf scheinbar stabile, psychisch gesunde Menschen
Deborah Levy, geboren 1959 in Südafrika, schreibt sowohl Romane als auch Gedichte und Theaterstücke, die unter anderem von der Royal Shakespeare Company aufgeführt werden.
Bring up the Bodies (Hilary Mantel)
„Bring up the Bodies“ ist die Fortsetzung des 2009 mit dem Man Booker Prize ausgezeichneten historischen Roman „Wölfe“ (Wolf Hall) und spielt im England des 16. Jahrhunderts, zur Zeit von Heinrich VIII. und der Tudors.
Hilary Mantel wurde 1952 in Derbyshire geboren und stand, bevor sie 2009 mit dem Man Booker Prize ausgezeichnet wurde, bereits 2005 für „Beyond Black“ auf der Longlist.
The Lighthouse (Alison Moore)
Auf einer Fahrt mit der Fähre von England nach Deutschland denkt Futh, ein Mann in seinen mittleren Jahren, über eine andere Reise nach Deutschland in seiner Kindheit nach und darüber, welche Auswirkungen diese Reise auf sein Leben hatte.
Alison Moore, 1971 in Manchester geboren, hat bisher vor allem Kurzgeschichten geschrieben, die in Literaturzeitschriften und Sammlungen veröffentlicht wurden.
Umbrella (Will Self)
Während des Ersten Weltkriegs erkrankt die Feministin Audrey Dearth an einer Hirnhautentzündung und fällt ins Koma. Fünfzig Jahre später experimentiert der Psychiater Zack Busner mit neuen Medikamenten und erweckt Audrey aus ihrem Koma.
Will Self wurde 1961 in London geboren und hat seitdem sowohl zahlreiche Romane als auch Sachbücher verfasst und veröffentlicht.
Narcopolis (Jeet Thayil)
Bombay in den 1970ern: In Rashid’s Opium Room treffen sich die unterschiedlichsten Menschen, um ihrer gemeinsamen Sucht nachzugehen. Auch Dimple ist hier anzutreffen, die als Junge geboren, aber kastriert wurde und nun als Prostituierte arbeitet.
Jeet Thayil wurde 1959 in Indien geboren, lebt in Neu-Delhi und verfasst Romane, Songtexte und Gedichte und ist außerdem Gitarrist.
Communion Town (Sam Thompson)
Eine Sammlung miteinander verbundener Kurzgeschichten über eine Stadt und ihre Einwohner. Das gemeinsame Element der Erzählungen ist dann auch die Stadt, in der sie spielen, die sie beeinflussen und von der sie gemeinsam ein Bild zeichnen.
Sam Thompson wurde 1978 geboren und ist bislang als Lehrer sowie als Journalist und Buchkritiker für verschiedene englische Zeitungen und Zeitschriften tätig.
Und nachdem ich im letzten Jahr einen Tipp abgegeben habe, bevor ich auch nur ein Buch der Shortlist gelesen hatte (und ja, ich hatte auf „Vom Ende einer Geschichte“ von Julian Barnes getippt, aber das war auch nicht so richtig schwer), möchte ich beim Man Booker Prize 2012 natürlich genau das gleiche tun. Daher: Meine völlig subjektive, von nichts als meinem Bauchgefühl geleitete Vermutung, wer mit dem Man Booker Prize 2012 ausgezeichnet wird, ist Hilary Mantel. Vielleicht unwahrscheinlich, weil ihr Buch die Fortsetzung eines Preisträgers ist, doch davon lasse ich mich jetzt nicht abhalten. Eine wirkliche Begründung habe ich für meinen Tipp ohnehin nicht, aber wir werden sehen. Fortsetzung folgt in jedem Fall.
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