Heute um 10 Uhr war es so weit: Die sechs Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2013 wurden verkündet. Von den vielen einem breiteren Publikum bekannten Namen auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis ist nur Clemens Meyer geblieben; Thomas Glavinic, Daniel Kehlmann, Uwe Timm und Urs Widmer sind bereits ausgeschieden. Besonders schade finde ich, dass „Eine Ahnung vom Anfang“ und „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“ es nicht auf die Shortlist geschafft haben, da diese beiden besonderen Romane meiner Meinung nach noch mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.
Das Rennen um den Deutschen Buchpreis bleibt weiterhin spannend, die Shortlist ist thematisch sehr unterschiedlich besetzt und einen klaren Favoriten gibt es nicht, auch wenn ich selbst nach wie vor auf Clemens Meyer tippe, wenn es um den Sieg geht. Besonders schön finde ich persönlich, dass es mit „Nichts von euch auf Erden“ eine Dystopie unter die letzten sechs geschafft hat. Wer noch alle Bücher bis zur Preisverleihung am 7. Oktober lesen will, sollte sich beeilen: Nur zwei der Bücher haben weniger als 500 Seiten.
Nie mehr Nacht – Mirko Bonné
Markus Lee verdient sein Geld mit dem Zeichnen berühmter Brücken. Sein Schulfreund Kevin beauftragt ihn, für ein Projekt, in dem die Landungsplätze der Alliierten in der Normandie skizziert und somit künstlerisch ins kollektive Gedächtnis gebracht werden sollen, strategisch wichtige Brücken zu zeichnen. Hierzu muss Markus in die Normandie, und auch, wenn er seit dem Freitod seiner Schwester Ira unter Depressionen leidet und am liebsten gar nicht mehr aus dem Haus möchte, nimmt er den Auftrag an. Gemeinsam mit Iras Sohn Jesse fährt er an die Atlantikküste und lässt dabei sein altes Leben auf konsequente Weise hinter sich.
Während Markus sich den Kriegsschauplätzen und seinem Neffen widmet, stößt er in einem Laden ganz unerwartet auf eine Spur von Ira, der der Bruder nachgehen muss.
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Nie mehr Nacht von Mirko Bonné, Schöffling & Co. 2013, 360 Seiten.
Nichts von euch auf Erden – Reinhard Jirgl
Nachdem im 22. Jahrhundert die Energie-Kriege die Erde fest im Griff hatten und die Besiedlung von Mars und Mond notwendig machten, wurden schwer zu „behandelnde“ Individuen zum Mond gebracht, um sie dort durch genetische Manipulation zur Vernunft zu bringen. Doch das Friedensgen griff wie ein Virus um sich und brachte auch die Menschen auf der Erde dazu, jeglichen Kampfgeist oder andere Triebe zu verlieren und somit zum einfach zu regierenden und zu unterdrückenden Volk zu werden.
Als die Mars-Bewohner, die vom Pazifierungsgen verschont geblieben sind, mehrere Jahrhunderte später eine Rückkehr zur Erde planen, haben sie leichtes Spiel und können die friedfertigen Menschen problemlos besiegen und unterjochen.
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Nichts von euch auf Erden von Reinhard Jirgl, Hanser 2013, 512 Seiten.
Im Stein – Clemens Meyer
Für Menschen wie Arnold Kraushaar ist Sex ein Wirtschaftsgut. Als Zuhälter zieht er Nacht für Nacht durch die Wohnungen der Prosituierten und nimmt sich seinen Anteil oder – wie er es sagt – seine Miete, denn dafür, dass die Wohnungen von ihm gemietet sind, hält er den Frauen den Rücken frei und kümmert sich um Papierkram und Wäsche.
Nicht nur Arnold Kraushaar, sondern etliche andere Stimmen der Nacht kommen in Clemens Meyers Roman „Im Stein“ zu Wort, der dann spielt, wenn die meisten Menschen schlafen, und dort, wo viele auch tagsüber nicht hingehen wollen.
Im Stein von Clemens Meyer, S. Fischer 2013, 560 Seiten.
Das Ungeheuer – Terézia Mora
Darius Kopp steht vor den Scherben seines Lebens: Seine Frau Flora hat sich vor einem Jahr das Leben genommen, seinen Job als IT-Experte, dem niemand das Wasser reichen kann, verliert er, und in der Folge geht ihm das Geld aus. Aus seinem Tief und seiner Antriebslosigkeit erwacht er erst, als er sich auf den Weg macht, die Asche seiner Frau an den Ort zu bringen, den er für den besten hält: In ihre alte Heimat Ungarn.
Auf Floras Laptop, den er im Gepäck hat, findet Kopp Dateien, die darauf hindeuten, dass sie ein Doppelleben führte. Diese Dateien, Übersetzungen, Tagebucheinträge sind in „Das Ungeheuer“ jeweils auf der unteren Hälfte einer jeden Seite aufgeführt, während in der oberen Hälfte des Buchs die Geschichte um Darius Kopp weitergeht, so dass man als Leser gleichzeitig mit der Hauptfigur über das geheime Leben von Flora erfährt.
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Das Ungeheuer von Terézia Mora, Luchterhand 2013, 688 Seiten.
Die Sonnenposition – Marion Poschmann
Altfried Janich hat es nach seiner Ausbildung zum Psychiater in den Osten Deutschlands verschlagen, wo er nicht nur eine Stelle im zur psychiatrischen Klinik umgebauten „Ostschloss“ annimmt, sondern gleich dort einzieht – als Übergangslösung, die jedoch lange anhält. Als sein bester Freund Odilo bei einem Autounfall ums Leben kommt und Altfried erfährt, dass seine Schwester offenbar ein Verhältnis mit dem Freund hatte, gerät sein eigenes Leben aus den Fugen. Selbst sein Hobby, zu versuchen, getarnte neue Automodelle auf Testfahrt zu fotografieren, erscheint ihm bald sinnlos.
Gleichzeitig erinnert sich Altfried an seine Familiengeschichte und seine Jugend mit Odilo, der schon als Jugendlicher vom Licht fasziniert war.
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Die Sonnenposition von Marion Poschmann, Suhrkamp 2013, 337 Seiten.
Die Ordnung der Sterne über Como – Monika Zeiner
Marc und Tom sind beste Freunde, der eine Komponist, der andere Pianist. Als sie Betty kennenlernen, haben die drei zunächst noch gemeinsam eine tolle Zeit, doch schnell ist klar, dass beide Männer sich in die Frau verliebt haben. Bei einem gemeinsamen Urlaub am Comer See stirbt Marc, und von da an haben Tom und Betty einander nichts mehr zu sagen. Ihre Wege trennen sich, bis Tom viele Jahre später als mittlerweile erfolgreicher Pianist eine Konzertreise durch Italien macht, auf der Betty ihn kontaktiert, um die Erlebnisse und den Verlust des gemeinsamen Freundes aufzuarbeiten.
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Die Ordnung der Sterne über Como von Monika Zeiner, Blumenbar 2013, 607 Seiten.
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