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Der Mann schläft (Sibylle Berg)

von Yvonne
Der Mann schläft

Cover zu „Der Mann schläft“

Irgendwann mit Anfang Vierzig trifft eine Frau einen Mann und findet etwas, wovon sie gar nicht wusste, dass sie es gesucht hatte: eine Liebe, die auf Vertrauen, Verständnis und Nähe beruht, und die Erkenntnis, dass das Leben zu zweit einfacher und schöner ist. Eine völlig neue Erfahrung für sie – „Teil eines Paares“ war sie nie, in letzter Zeit nur die ältere Geliebte wechselnder junger Männer, und wirkliche Freundschaften konnte sie auch nicht schließen. Doch mit dem Mann ist nun alles anders – vom ersten Moment an verstehen sich die beiden ohne große Worte, und die Phase des Herzklopfens und Verwirrtseins überspringen sie, um sofort das Leben zu zweit zu bestreiten. „Der Mann schläft“ beginnt also als Geschichte einer spät gefundenen, dafür umso tieferen und verbindenderen Liebe.

 

Die Angst glücklicher Menschen

Die größte Sorge der Frau ist die Angst glücklicher Menschen: dass alles nur vorübergehend ist, dass dem Mann etwas zustößt und sie einsamer bleibt als vorher, weil sie vorher nicht gewusst hatte, was es zu verlieren gibt. Trotz dieser Angst und der damit verbundenen Wachsamkeit kehrt der Alltag in die Beziehung ein: Nach knapp vier Jahren verspürt die Frau den Wunsch zu verreisen, und die beiden fahren auf eine vor Hongkong gelegene Insel, wo sie einen vierwöchigen Urlaub miteinander verbringen wollen. Die Lust auf Neues ist bei beiden schnell verflogen, und als sich ihre Laune verschlechtert, macht der Mann sich auf, der Frau Zeitschriften und Brot zu besorgen, um sie an Zuhause zu erinnern.

Es kommt, was kommen muss: Die größte Angst der Frau wird wahr. Der Mann kehrt nicht zurück. Allein auf der Insel versucht sie, ihn zu finden, etwas in Erfahrung zu bringen, doch er ist und bleibt spurlos verschwunden. Sie kann sich nicht entschließen, nach Hause zurückzukehren, weil das bedeuten würde, dass sie sein Verschwinden als endgültig akzeptiert. So bleibt sie monatelang auf der Insel, lernt ein chinesisches Mädchen und ihren Großvater kennen, die beide selbst einen Verlust erlitten haben, versucht, ihre Trauer mit Alkohol zu bekämpfen und weiß doch, dass sie nicht in ihr altes Leben zurückkehren kann.

„Der Mann schläft“ ist eine Liebesgeschichte frei von Kitsch und Pathos und eins der schönsten (und traurigsten) Bücher, das ich in den letzten Jahren gelesen habe. Die Gefühle der Sicherheit, der Verlustängste und der Trauer sind so authentisch beschrieben, dass man sie sich nicht nur vorstellen kann, sondern sie quasi miterlebt. Und am Ende ist man sich sicher darüber, was wirklich zählt im Leben.

Infos zum Buch

Der Mann schläft
Sybille Berg
320 Seiten
Erstausgabe 2009

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