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In Zeiten des abnehmenden Lichts (Eugen Ruge)

von Yvonne
Cover zu "In Zeiten des abnehmenden Lichts"

Cover zu „In Zeiten des abnehmenden Lichts“

„… wenn erst mal das Kartoffelkraut brannte, dann war sie gekommen, unwiderruflich: die Zeit des abnehmenden Lichts.“ So wie eine der Hauptfiguren in ihrer Kindheit im russischen Slawa den Herbst erlebt hat, ist er längst nicht mehr, nur das abnehmende Licht ist gleich geblieben. Doch nicht nur das Jahr geht zu Ende in Eugen Ruges mit dem Deutschen Buchpreis 2011 ausgezeichneten Roman. Vor dem Hintergrund der DDR und darüber hinaus bis in Jahr 2001, dem nächsten großen geschichtlichen Wendepunkt, erzählt der Roman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ eine Familiengeschichte über vier Generationen.

 

Familiengeschichte vor dem Hintergrund der DDR

Wilhelm und Charlotte warten Anfang der 50er Jahre in Mexiko darauf, dass man sie zurück nach Deutschland lässt, während Charlottes Sohn Kurt in russischer Gefangenschaft ist. Nach der Rückkehr schafft Wilhelm es, in der Partei aufzusteigen, und Kurt zieht mit seinem Sohn Alexander und seiner russischen Frau Irina ins Elternhaus. Über die Generationen hinweg nimmt der Glaube an das System der DDR ab, bis Alexander sogar kurz vor der Wende in den Westen geht.

„In Zeiten des abnehmenden Lichts“ springt zwischen den Zeiten und den Personen hin und her. Immer wieder kehrt Ruge dabei zum 1. Oktober 1989 zurück, Wilhelms 90. Geburtstag und einem Wendepunkt für die Familienmitglieder, der aus Sicht von sechs verschiedenen Personen geschildert wird. Dazwischen wird wie in Kurzgeschichten, die auch für sich selbst gelesen einen Sinn ergeben, die Geschichte der Familie in Abständen von wenigen Jahren erzählt. Eingerahmt und durchzogen wird das Ganze von Alexanders Sinnsuche in Mexiko im Jahr 2001.

 

Geschichte aus Sicht der Betroffenen

Neben der wirklich lesenswerten Familiengeschichte und der interessanten Erzählform ist vor allem die Darstellung der Geschichte als Ursache für Einzelschicksale der Grund, der „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ so empfehlenswert macht. Jedes einzelne Leben der – recht vielen – Figuren erfährt Einschränkungen oder Chancen durch den Lauf der Geschichte. Vor allem die Verlierer der Wende, die durch einen politischen Wechsel plötzlich vor der völligen Entwertung ihres Lebenswerks stehen, werden so eindringlich geschildert, wie ich es noch nirgends gelesen habe. Doch die Stärke des Buchs – die Vielseitigkeit und das Beleuchten der Ereignisse aus unterschiedlichster Sicht – ist gleichzeitig seine einzige (sehr kleine) Schwäche: Die Vielzahl der Personen macht es schwierig, sich mit einzelnen davon wirklich zu identifizieren. Auch wenn es mit Alexander so etwas wie eine Hauptfigur gibt, hat man nicht das Gefühl, ihm durch die Geschichte zu folgen, sondern eher ein Puzzle zusammenzusetzen, in dem aber hier und da noch wichtige Teile fehlen.

Infos zum Buch

In Zeiten des abnehmenden Lichts
Eugen Ruge
426 Seiten
Erstausgabe 2011

 

 

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