Sobald das Flugzeug gelandet ist, hat er keine Flugangst mehr, und für die paar Stunden davor gibt es normalerweise sie, die Frau, die er liebt und die er ohne Namen denkt. Doch gerade jetzt ist sie nicht bei ihm, denn der Protagonist und Erzähler von Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin hat sich allein auf den Weg nach New York gemacht, um dort sein Philosophie-Studium voranzubringen. Die Sorge, dass diese Trennung auf Zeit mehr als nur das sein könnte, reicht schon aus, um sie Realität werden zu lassen. So wie der Versuch, nicht an sie zu denken, zum Scheitern verurteilt ist, bringt der Erzähler, dessen Spezialgebiet die Bewusstseinsphilosophie ist, durch sein ununterbrochenes Zerdenken der Wirklichkeit seine Beziehung zum Endpunkt.
Ein Besuch der Freundin in New York endet für beide enttäuschend, und erst, als sie wieder auf dem Heimweg ist und der Erzähler sie sich in allen möglichen Situationen – ohne ihn – vorstellt, kann er sich auch wieder ein Leben mit ihr vorstellen, nur ist das natürlich längst zu spät. So kreisen die Gedanken um sich selbst, um Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, praktizieren Bewusstseinsphilosophie statt sich um sie zu drehen.
Gefangener des eigenen Ichs
Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin ist der – sehr kurze – Debütroman von Heinz Helle mit der unspektakulären und schnörkellosen Geschichte einer Trennung, und die Geschichte ist gerade so unspektakulär und schnörkellos, wie Trennungen im Allgemeinen sind: Das meiste dessen, was vor sich geht, ist von außen ohnehin nicht zu erkennen. Auch in Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin spielt sich die eigene Trennung im Kopf des Erzählers ab, und wird am Ende nicht mal wirklich ausgesprochen, sondern das auf beiden Seiten längst Befürchtete wird durch ein verbales Schulterzucken nur noch bestätigt.
Die besondere Stärke von Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin liegt in der Sprache, in den Gedanken des Bewusstseinsphilosophen, der nicht von seiner Passion lassen kann und der sich selbst sein größter Feind ist. So wünscht er sich bereits im Flugzeug nach New York, dass er nie aufhören möge, sie zu lieben, doch allein dieser Gedanke schafft die Möglichkeit zu seiner Verwirklichung. Ein Akzeptieren des Glücks, wie es sich bietet, scheint dem Protagonisten nicht möglich, er muss als Gefangener des eigenen Ichs das Glück so lange in seine Einzelteile zerlegen, bis nichts mehr davon bleibt.