Der Kosovo-Krieg war der vorletzte der insgesamt sechs Jugoslawien-Kriege und nicht erst zu seinem Beginn 1998 wählten viele Albaner die Flucht in sicherere europäische Länder als Möglichkeit, ihre Familien zu beschützen. Arjeta kommt so mit ihrer Familie in den 1990ern nach Hamburg, wo sie in der Schule Jakob Schütte kennenlernt, den sie Jahre später als Studentin wieder trifft. Die beiden merken, dass sie nicht wirklich viel voneinander wissen, doch beide sind sich in ihrer Zurückgezogenheit von der Welt – Jakob programmiert lieber Spiele als sein Studium voranzutreiben, Arjeta fühlt sich weder bei ihrer traditionsbewussten Familie noch an der Uni wirklich zu Hause – so ähnlich, dass sie sich gegenseitig einen sicheren Hafen bieten können.
Das Ende des Kosovo-Kriegs bedeutet jedoch das Ende der Beziehung der beiden, denn Arjetas Eltern bestehen darauf, dass sie gemeinsam zurück in die Heimat gehen. Arjeta, die ohnehin nicht mehr ganz überzeugt von ihrer Beziehung zu Jakob war, setzt den Eltern nichts entgegen, und auch, dass sie – zum Entsetzen der Familie – von ihm schwanger ist, hält sie nicht von einer Trennung ab. Über Jahre hinweg versucht Jakob, sie und ihren Sohn Leka für sich zu gewinnen, folgt ihnen sogar in den Kosovo, obwohl sehr deutlich ist, dass Arjeta daran keinerlei Interesse hat. Erst Jakobs beruflicher Erfolg bringt ihn schließlich weg von ihr.
Jahre später reißt der inzwischen jugendliche Leka von zu Hause aus und besucht den Vater, der mittlerweile in Berlin lebt. Dort lernt Leka den ebenfalls halbwüchsigen Sohn des namenlosen Ich-Erzählers von Y kennen, wodurch der Erzähler erst auf die Geschichte aufmerksam wird. Er befragt Jakob Schütte, Arjeta und bildet sich später auch selbst ein Bild und setzt so das Puzzle einer politischen Liebesgeschichte zusammen.
Drei Arme der Geschichte ergeben ein Y
Während die Hintergrundgeschichte zu Y absolut spannend ist – die Geschichte des Kosovo-Kriegs ist trotz der geographischen Nähe vielen weniger bekannt als die des Irakkriegs -, kann sich die Geschichte oft nicht zwischen Liebesgeschichte, politischem und künstlerischem Roman unterscheiden. Die Rahmenhandlung, in die die Erzählung gebettet ist, verankert sie zwar in der Gegenwart, nimmt der eigentlichen Handlung aber Raum für Entwicklung, die diese gebraucht hätte.
Statt einer tiefen und gesellschaftskritischen Geschichte bietet Y vor allem solide, sprachlich ansprechende Unterhaltung – mit Ansätzen zu den beiden erstgenannten Punkten.