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Immer wieder zurück

von Yvonne

Asta Arnold ist Mitte 60 und kehrt nach Jahrzehnten als Krankenschwester in Nicaragua nicht ganz freiwillig in die deutsche Heimat zurück – die Kollegen haben ihr zum Geburtstag ein One-Way-Ticket nach München geschenkt, weil Asta zu viele Fehler macht und zu viel im Pausenraum sitzt und raucht.

Mit Deutschland hat Asta eigentlich längst abgeschlossen, und sie hadert schon beim Denken mit der Sprache. Zu München hat sie keinerlei Bezug, und als auch noch ihr Koffer verschwunden ist, verlässt sie das Flughafengebäude durch eine Drehtür, um erst mal in Ruhe eine Zigarette zu rauchen.

Aus einer Zigarette wird eine Schachtel, und Asta, die sich nicht dazu bringen kann, ihren ersten Schritt in ihrem neuen Leben zu tun, hängt lieber der Vergangenheit nach. Immer wieder glaubt sie in Passanten auf dem Flughafen bekannte Gesichter aus längst vergangenen Zeiten zu erkennen, und jedes dieser Gesichter bringt eine Geschichte aus Astas Leben mit sich.

Drehtür: Jede Begegnung eine Reise in die Vergangenheit

Mehrere nicht zusammenhängende Episoden aus Astas Leben (oder auch aus dem einer Freundin) finden in Drehtür zusammen. Immer wieder handelt sie vom Helfen, Astas Bestimmung im Leben.

Und ich bleibe dabei: Helfen wollen ist womöglich bloß ein angeborener Reflex, helfen können dagegen ein Triumph, ein vorläufiger wenigstens, über die An- und Hinfälligkeit jedweder Kreatur, in unserem Metier der menschlichen, ein Sieg über das Leiden – und den Ekel, den Schwerkranke normalerweise bei ihren gesunden Artgenossen auslösen.

Die vielen flüchtigen oder auch mal engeren Bekanntschaften, an die Asta sich erinnert, bilden immer nur den Anfang einer Geschichte, einer Beziehung oder einer Bindung. Dass Asta ganz allein in ihrem Heimatland am Flughafen steht und an all die Menschen denkt, die sie mal kannte, stimmt dabei mehr als melancholisch.

Zu dieser Melancholie trägt ebenso die Metapher der Drehtür bei, die ja nicht nur Ort von Astas Nachdenklichkeit, sondern außerdem der Titel des Romans ist: Unweigerlich bringt die  Drehtür des Lebens Asta wieder und wieder an ihren Ausgangspunkt zurück, egal, wie viele Bekanntschaften sie macht oder welche Menschen sie trifft: Eine kurze Zeit bleibt man beisammen, dann ist sie wieder allein.

Drehtür ist ein berührender und immer wieder alles (selbst seine eigene Sprache) hinterfragender Roman über die flüchtigen Begegnungen des Lebens, über den Versuch, Bindung zu anderen Menschen aufzunehmen, und am Ende über das Alleinsein.

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