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Enders Spiel (Orson Scott Card)

von Yvonne
Enders Spiel

Cover „Enders Spiel“

Andrew Wiggin, der von anderen und sich selbst nur „Ender“ genannt wird, ist ein sogenannter Dritt: Das dritte Kind einer Familie. Das ist extrem ungewöhnlich, da es in der Zeit, in der „Enders Spiel“ angesiedelt ist, nicht erlaubt ist, mehr als zwei Kinder zu haben. Doch Ender ist ein Wunschkind der ganz besonderen Art: Die Regierung hatte die Wiggins gebeten, noch ein drittes Kind zu bekommen, in der Hoffnung, einen geeigneten Kandidaten für die militärische Ausbildung zu finden. Denn die Erde steht unter ständiger Bedrohung eines außerirdischen Angriffs. Bereits zwei Mal gab es Invasionen der „Krabbler“, insektenartiger Außerirdischer, die offensichtlich über hohe Intelligenz und eine erstaunlich schnelle Kommunikation verfügen. Immerhin hat die Erste Invasion erreicht, was Jahrtausende Menschheitsgeschichte nicht geschafft haben: Sie hat der Erde durch den gemeinsamen Feind Frieden gebracht. Ein gemeinsames Militär, die Insterstellare Flotte (IF), wurde gegründet und ist die wichtigste Instanz, die es gibt – denn schließlich ist es ihre Aufgabe, die Menschheit zu retten. Und hatte auch schon Erfolg: Die Zweite Invasion wurde vom bis dahin völlig unbekannten und unkoventionellen Raumflotten-Kommandanten Mazer Rackham  zu Gunsten der Menschheit entschieden – seitdem gilt er als der Held schlechthin.

Um auf die Dritte Invasion, von der niemand weiß, wann sie kommen wird, vorbereitet zu sein, prüft die IF jedes Kind auf Militärtauglichkeit. Nur die intelligentesten und charakterlich vielversprechendsten werden ausgewählt. Um festzustellen, ob ein Kind sich eignet, wird ihm bereits in jungen Jahren ein Monitor eingepflanzt, über den man das Kind beobachten und einschätzen kann. Enders ältere Geschwister Peter und Valentine hatten ihren Monitor beide länger als gewöhnlich, doch Peter wurde schließlich als zu brutal, Valentine als zu sanftmütig eingestuft. Ender dagegen scheint der Mittelweg aus beiden zu sein, also genau, was man sich erhofft hatte. Ein ganzes Jahr länger als sein Bruder hatte Ender den Monitor, was ihm den Hass von Peter und einigen neidischen Mitschülern entgegenbringt. Als die IF beschließt, dass man einen geeigneten Kandidaten – den Kandidaten – gefunden hat, wird Ender der Monitor entfernt und er wird sich erst einmal selbst überlassen, damit man sieht, ob er mit den Anfeindungen und Bedrohungen der anderen zurecht kommt. Dass er quasi bereits auf der Liste steht, um in die Militärschule zu kommen, sagt man weder ihm noch seinen Eltern. Doch als künftiger Raumflotten-Kommandant muss er das aushalten.

Und es wird auch wirklich Zeit, dass man beginnt. Denn zu diesem Zeitpunkt ist Ender sechs Jahre alt.

 


 

Alles ein großes Spiel?

Gleich, nachdem der Monitor entfernt ist, gerät Ender in zwei gefährliche Situationen: Sein Bruder Peter droht ihm, ihn umzubringen, wovon Valentine ihn allein durch ihre Intelligenz abhalten kann. In der Schule aber ist Ender ohne Valentines Unterstützung. Dort lauert ihm eine Gruppe Mitschüler auf, die es nicht erträgt, dass dieser „Dritt“ etwas Besonderes sein soll. Doch Ender ist nicht nur intelligent, er ist auch stark und weiß diese Stärke einzusetzen. Er richtet den Klassenkameraden ziemlich übel zu, um ein Zeichen zu setzen und in Zukunft in Ruhe gelassen zu werden. Und sofort gerät er in Sorge, dass er genau wie sein Bruder werden könnte.

Am nächsten Tag erhält Familie Wiggin Besuch von Oberst Graff von der IF. Dieser ist gekommen, um Ender anzubieten, zur Militärschule zu gehen. Selbstverständlich entscheidet Ender sich dafür – seine Familie leidet darunter, dass es einen Drittgeborenen gibt, Peter wird in den nächsten Jahren zur noch größeren Bedrohung werden und die einzige, die Ender wirklich am Herzen liegt, ist Valentine. Und wenn er sie aktiv schützen will, muss er wohl zum Militär. Doch der Anschein von Freiwilligkeit wird gewahrt, und Ender entschließt sich, weit entfernt von der Erde eine militärische Laufbahn einzuschlagen.

Auch in der Militärschule wird es Ender bewusst schwer gemacht: Oberst Graff lobt ihn vor allen anderen, so dass auch hier wieder Neid entsteht. Die IF glaubt, in Ender einen zweiten Mazer Rackham gefunden zu haben – und da die Zeit bis zur Dritten Invasion kurz sein kann, setzt man Ender von Anfang an unter Druck, um ihn zu Höchstleistungen zu bringen. Die Ausbilder scheinen Recht zu behalten. Vor allem Graff erhöht Druck und Isolation immer weiter, und Enders Erfolge in der Kampfausbildung geben ihm Recht. Spielerische Kämpfe werden zwischen den Schülern ausgetraten, die sie auf den Krieg vorbereiten sollen, und Ender verliert nie, obwohl die Regeln immer wieder zu seinen Ungunsten geändert werden. Dabei machen die Kommandanten der IF eine Gratwanderung: Irgendwann könnte es Ender einfach zu viel werden – er könnte unter der Last zerbrechen.

 

Mehrfach ausgezeichneter Science Fiction-Klassiker

„Enders Spiel“ erzählt packend und nachvollziehbar Enders Wandlung von einem noch relativ unsicheren, wenn auch sehr intelligenten Kind zum extrem jungen Kommandanten einer Raumflotte. Gerade diese Figurentwicklung macht den Roman absolut lesenswert und ist überaus differenziert dargestellt. Autor Orson Scott Card wurde in der jüngeren Vergangenheit dafür kritisiert, dass Enders Gewalt gegenüber Mitschülern – an drei Stellen in „Enders Spiel“ – gerechtfertigt und damit gutgeheißen wird. Ich empfand gerade diese Stellen als kritische Auseinandersetzung mit der Instution der Militärschule und als ein Zeichen dafür, wie die Kampfausbildung und Enders frühe „Einberufung“ ihn wandeln. Darüber hinaus handelt Ender stets aus Selbstverteidigung, zu der Oberst Graff ihn im Grunde zwingt, indem er andere Schüler gegen Ender aufbringt und diesen dann sich selbst überlässt.

„Enders Spiel“ wurde vielfach ausgezeichnet; er erhielt sowohl den Hugo Award als auch den Nebula Award, zwei der wichtigsten Auszeichnungen für Science Fiction-Romane. Gestern erschien der Roman seit langem erstmals wieder auf Deutsch, nun unter dem Titel „Enders Spiel“ (vorher: „Das große Spiel“).

Die Umbenennung und Wiederauflage hat wahrscheinlich einen Grund: Im Herbst 2013 kommt „Enders Spiel“ unter dem Originaltitel „Ender’s Game“ mit Ben Kingsley und Harrison Ford in die Kinos.

Aus „Enders Spiel“ wurde mittlerweile eine ganze Roman-Reihe. Insgesamt sechs Fortsetzungen gibt es, die teilweise zur gleichen Zeit spielen, teilweise Enders weiteren Weg verfolgen.

Infos zum Buch

Enders Spiel
(Ender’s Game)
Orson Scott Card
464 Seiten
Erstausgabe 1985


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