Wenn man in Europa aufgewachsen ist, ist die Zeit der amerikanischen Prohibition etwas, das man nur aus Filmen oder Büchern kennt, ein Hintergrund zu spannenden Thrillern und Kriminalgeschichten. Von 1919 bis 1933 waren Verkauf, Herstellung und sogar der Transport von Alkohol in den USA durch einen Zusatzartikel der Verfassung verboten. Dies führte natürlich nicht zu weniger Alkohokonsum, sondern zum Aufblühen illegaler Distillerien und einem Machtkampf um den Alkohol-Schwarzmarkt. Dennis Lehane, der durch seine Romane „Mystic River“ und „Shutter Island“ (und die Verfilmungen derselben) bekannt wurde, hat für seinen Roman „In der Nacht“ ebenfalls die Zeit des strikten Alkoholverbots als Rahmenhandlung gewählt.
Joe Coughlin, Bruder von Danny Coughlin, der Hauptfigur aus Lehanes Roman „Aufruhr jener Tage“, verdingt sich als Kleinkrimineller im Boston der 1920er Jahre, sichert sich so sein Einkommen und rebelliert auch ein wenig gegen den Vater, der im Polizeidienst Karriere gemacht hat. Bei einem Überfall trifft er die Kellnerin Emma, in die er sich sofort und völlig kompromisslos verliebt. Auf Emmas Pfaden kreist er daraufhin durch die Stadt, bis er sie wieder trifft und sie tatsächlich eine Beziehung mit ihm eingeht. Dummerweise hat Emma noch einen weiteren Liebhaber: Albert White hat den illegalen Schnapshandel in Boston fest in der Hand und ist außerdem der schärfste Konkurrent von Joes Boss. Die Tatsache, dass Joe White in die Quere kommt – nicht nur in Bezug auf Emma, sondern auch durch einen auf eigene Faust durchgeführten Überfall – bringt Joe ins Gefängnis, das aus ihm erst das macht, was sein Schicksal im Leben zu sein scheint: einen hartgesottenen, mit allen Wassern gewaschenen Gangster.
Packender Thriller mit überraschenden Wendungen
„In der Nacht“ versetzt einen völlig authentisch in eine Zeit, die man nie erlebt hat, die man durch den Roman aber zu 100% nachvollziehen kann. Vor allem aber widmet sich der Roman seiner Hauptfigur Joe, dessen Laufbahn vom Kleinkriminellen, den seine Strafe am Ende zum Verbrecherkönig macht. Die Wandlung Joes ist dabei so schlüssig beschrieben, dass sie einem nicht als eine von verschiedenen Möglichkeiten, sondern als einzige logische Konsequenz seines Lebens einleuchtet.
Wie auch andere Romane von Dennis Lehane wird „In der Nacht“ verfilmt werden. Die Gangster-Geschichte aus Boston, die sich am Ende eben nicht nur um Kriminelle, sondern auch um die Liebe dreht, wird ebenfalls verfilmt werden. Man darf gespannt sein und sich darauf freuen.