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Malibu (Leon de Winter)

von Yvonne
Malibu

Cover zu „Malibu“

Joop Koopman ist Drehbuchautor in Hollywood. Oder vielmehr war er es: Die Geschäfte laufen schlecht, und es gibt kaum Aufträge in letzter Zeit. Da kommt ihm der Anruf seines alten Bekannten Philip gerade recht, der ihm einen nicht näher bestimmten Job in Aussicht stellt. Beim Treffen mit Philip wird aus dem Auftrag, ein Drehbuch zu Gustav Meyrinks Golem zu verfassen, schnell etwas ganz Anderes. Joop soll sich für den Mossad mit dem möglichen Terroristen Omar van Lieshout anfreunden, um ihn so im Auge zu behalten. Völlig abwegig für den Autoren, der viel lieber eine Spionagegeschichte schreiben würde als Teil von einer zu sein.

 

Fassungslosigkeit und Trauer

Während Philip gerade Omars Lebensgeschichte erzählt, erhält Joop den Anruf, der sein gesamtes Leben aus der Bahn geraten lässt: Seine Tochter Mirjam hatte in Malibu einen schweren Motorradunfall, liegt auf der Intensivstation und es ist fraglich, ob sie die Nacht überleben wird. Joop ist fassungslos, kann nicht glauben, was man ihm erzählt, doch alles Verhandeln hilft nichts – seine Tochter ist nicht mehr zu retten.

„Doktor Hemmings, hören Sie zu, meine Tochter, das kann nicht sein, sie ist nach Malibu gefahren, Sie können doch so was nicht sagen, meine Tochter hat heute Geburtstag! Ich habe sie heute morgen noch gesehen! Sie hat einen äh… Pferdeschwanz, und sie ist heute siebzehn geworden! (…)“ (S. 64)

In Rückblenden erfährt man von der Vater-Tochter-Beziehung, die eine ganz besondere, sehr enge war. Mirjams Mutter hatte die Familie kurz nach der Geburt verlassen, und so zog Joop seine Tochter alleine groß, was eine sehr tiefe Bindung zwischen den beiden hervorbrachte. Umso schwerer ist nun der Schock, sein Kind zu verlieren. Unfähig, irgendeine Entscheidung zu treffen, kümmert sich ausgerechnet  „God“ um ihn, der seinen Spitznamen auf Grund seiner Körpergröße als Kurzform von „Godzilla“ trägt. God ist der Besitzer des Fitnessstudios „God’s Gym“ – und außerdem der Fahrer des verunglückten Motorrads.

 

Mossad und Wiedergeburt

Überwältigt von seiner Trauer und immer noch in finanziellen Schwierigkeiten nimmt Joop Philips Auftrag an. Doch bleibt Philip nicht der einzige Bekannte aus alten Zeiten, der wieder in Joops Leben tritt. Plötzlich taucht seine Cousine Linda auf, von der er seit dreißig Jahren nichts gehört hat, und im Schlepptau hat sie einen tibetischen Mönch. Linda versucht Joop von ihrem neuen Glauben und davon zu überzeugen, dass der tibetische Mönch ein wiedergeborener Verwandter ist, und plötzlich steht er, der sich nie etwas aus Religion gemacht hat, zwischen Judentum, Islam und Buddhismus.

 

Buch über Verlust und Verzeihen

Malibu ist eins der Bücher, die ich nicht nur mehrfach gelesen, sondern noch öfter verschenkt habe – und immer habe ich positive Rückmeldungen erhalten. Die Geschichte (und vor allem der Klappentext) hört sich teils sehr schräg an, doch vor allem geht es hier um die Trauer eines Vaters, der versucht, rational zu begreifen, was nicht zu begreifen ist. Dazu werden gerade mit der Spionage- und der Wiedergeburtsgeschichte so viele weitere Themen wie Terrorismus oder Religion angerissen, dass es sich zudem um einen sehr vielschichten Roman handelt. Und wer dazu neigt, sich von Büchern, Filmen, Geschichten jeglicher Art emotional mitreißen zu lassen, sollte sich auf jeden Fall eine Packung Taschentücher zurecht legen.

Und plötzlich sank er durch den Fußboden des Raums oder stellte zumindest fest, daß er sich abwärts bewegte, und er stellte auch fest, daß sein Herz brannte, schlichtweg in Flammen stand, und er wollte so gern weg von hier, nach Hause, um Mirjam etwas zu kochen, leckere Pasta mit Meerestieren oder eine Quiche mit echtem Schweizer Gruyère oder eine holländische Frikadelle, die er ihr schmackhaft gemacht hatte, eine dumme runde holländische Frikadelle mit Zwiebeln, er sah sie die Zwiebeln schneiden, wie ihr Messer dabei auf dem Schneideblock klackte, und vom Zwiebelschneiden tränten ihr die Augen, und sie schaute lächelnd zu ihm auf und sagte: „Guck mal, Pap, ich weine.“ (S. 91f.)

Zum ersten Satz >> 

Infos zum Buch

Malibu (God’s Gym)
Leon de Winter
432 Seiten
Erstausgabe 2003

 


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