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Ein Gentleman in Moskau von Amor Towles

von Yvonne

Das Hotel Metropol in Moskau öffnete im Jahr 1907 seine Pforten für Reisende und Einheimische gleichermaßen. Es beherbergt auch heute noch Gäste. Gegenüber vom Bolschoi-Theater und nur wenige Gehminuten vom Roten Platz entfernt, hat dieses Haus ein bewegtes Jahrhundert in Russland miterlebt.

Dieses Hotel nun ist Schauplatz des Romans Ein Gentleman in Moskau, denn eben dieser Gentleman – mit Namen Graf Alexander Iljitsch Rostov – wird im Jahr 1922 aufgrund seiner adeligen Herkunft durch die Bolschewiki zum Tode verurteilt. Ein Gedicht, das noch in der Zeit vor der Russischen Revolution verfasst wurde und den Namen des Grafen trägt, rettet diesem jedoch das Leben. Die Todesstrafe wird in einen Hausarrest umgewandelt. Diesen darf der Graf im berühmten Hotel Metropol antreten, in dem er bereits seit vier Jahren in einer Suite residiert.

Die Tag in der Suite sind mit dem Hausarrest allerdings vorbei. Denn der Graf wird auf Anweisung seiner Richter in eine 9 Quadratmeter große Kammer unter dem Dach einquartiert. Ein paar der Möbelstücke aus seiner alten Heimat haben in diesem Verschlag Platz. Doch vor allem hat der Graf noch sich selbst zur Gesellschaft. Und bevor er überhaupt in die Verlegenheit geraten kann, sein neues Leben zu verfluchen, entschließt er sich, auch aus dieser Situation das Beste zu machen. Schließlich sind Umbrüche, die die bisherigen Verhältnisse komplett umkrempeln, im Russland des Jahres 1922 schon längst keine Besonderheit mehr.

Vereinnahmende Leichtigkeit im Angesicht eines bewegten Jahrhunderts

Tatsächlich macht der Graf das Beste aus seiner Lage, nimmt sie leicht und an sehr vielen Stellen sogar heiter hin. Denn das Leben hat ihm noch einiges zu bieten. Die Freundschaft mit einer sehr jungen Bewohnerin des Hotels, ein neuer Beruf, sogar eine Beziehung zu einer berühmten Schauspielerin stehen ihm noch bevor. Die Einstellung zu allem, was ihm widerfährt, zeichnet sich durch Optimismus und Gelassenheit aus. Schließlich ist der Graf ein echter Gentleman.

Allein diese Leichtigkeit, diese positive Haltung zu noch der misslichsten Lage machen Ein Gentleman in Moskau zu einem besonderen Buch, das beim Lesen fast zwangsläufig dazu führt, dass man zum bekennenden Fan des Grafen wird. Noch mehr aber ist es ein anderer Aspekt, der mich an diesem Roman fasziniert hat. Die Vermischung der persönlichen Geschichte des Grafen (und seiner gesamten Umwelt) mit der Geschichte der Sowjetunion. Wie Graf Rostov in seinem Hausarrest erlebt man selbst als Leser die historischen Ereignisse nur am Rande. Zwei Weltkriege, die russische Revolution, Stalins Herrschaft – all dies findet statt, aber eben immer als Hintergrund zur persönlichen Geschichte der Figuren des Romans.

Oder in den Worten, die Rostov zu Krieg und Frieden findet:

Können Sie sich ein Werk mit größerer Reichweite vorstellen als Krieg und Frieden? Eins, das so geschickt zwischen Salon und Schlachtfeld hin und her wechselt? Das sich so gründlich mit der Frage befasst, wie der Mensch von der Geschichte beeinflusst wird?

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Ein Gentleman in Moskau (A Gentleman in Moscow) von Amor Towles

Erschienen 2017 bei List
560 Seiten, 22,00 Euro

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Menschen und Geschichte beeinflussen einander gegenseitig

Auch Ein Gentleman in Moskau zeigt die Beeinflussung so vieler Leben durch die Geschichte: Möglichkeiten, die sich auftun, Türen, die sich schließen und Beziehungen, wie man sie noch ein paar Jahre zuvor nicht für möglich gehalten hätte. Doch nicht nur die Opfer der Geschichte werden sehr persönlich und nahbar dargestellt. Auch die Täter mit ihren Überzeugungen, ihrer Herkunft und ihren Hoffnungen erhalten ihren Platz. Geschichte wird damit zum Ergebnis persönlicher Handlungen und zur Basis für die Möglichkeiten des einzelnen.

Amor Towles schafft es, diese oft traurige, manchmal bittere Erkenntnis in ein durch und durch heiteres Buch zu packen, das einen schon nach wenigen Seiten in seinen Bann schlägt. Dem Grafen Rostov dabei zusehen, wie er in einer eigentlich hoffnungslosen Lage Würde und Lebensfreude behält, ist allein schon Grund genug, dieses wunderbare Buch zu lesen.

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