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Das Abenteuer Freundschaft

von Yvonne

Edgar Bendler, genannt Ed, hat den Boden unter den Füßen verloren. Seine Freundin ist gestorben, und als auch noch der Kater – seine letzte Verbindung zu ihr – verschwindet, steht er vor der Wahl, sein Leben zu beenden oder es radikal zu ändern. Er entscheidet sich für die zweite Option, doch irgendwo neu anzufangen gestaltet sich schwierig, denn Ed lebt 1989 in der DDR. Doch es gibt ein Refugium, eine Insel, von der er hat erzählen hören, die so nah der Grenze liegt, dass die Freiheit von außen ein bisschen auf sie abfärbt: Hiddensee. Ed „pausiert“ sein Studium und macht sich mit Bahn und Fähre auf den Weg.

Ed begriff, dass man das eigene Leben immerzu verteidigen musste, einerseits gegen das, was dauernd geschah, andererseits gegen sich selbst und die Lust, aufzugeben.

Die Grenz-Nähe der Insel hat natürlich auch einen Nachteil, denn wer keine Anstellung als „Esskah“, als Saison-Kraft, nachweisen kann, gilt als potenzieller Grenzverletzer und wird im besten Fall sehr schnell nach Hause geschickt. Nach zwei im Freien verbrachten Nächten und vielen vor seiner Nase zugeschlagenen Türen gelangt Ed beim Klausner an, einem Ausflugslokal für Touristen, dessen Belegschaft sich als Schiffsmannschaft fühlt und große Solidarität mit Besuchern, Asyl-Suchenden und den Menschen, die tatsächlich nur auf der Durchreise sind, empfinden. Dort gibt man ihm schließlich eine Chance, und beim Zwiebel-Schälen und Teller-Abwaschen entdeckt Ed nicht nur neue Seiten an sich selbst, sondern entwickelt auch eine besondere Freundschaft zum Haupt-Abwäscher und bestvernetzten Mann der Insel, Kruso.

Kruso: Roman zwischen Abenteuer und Freundschaft

Ed findet auf der Insel und beim Klausner etwas, das er gar nicht gesucht hat: ein neues – vielleicht sein erstes wirkliches – Zuhause und eine Freiheit, die sich daraus, speist, dass er sein Schicksal selbst gewählt hat und tut, was notwendig ist, um sie zu erhalten.

Als hätte Kruso diesen Gedanken erraten, unterbrach er sich und schaute auf Ed hinunter: „Nur die Trugbilder der Freiheit haben einen Preis. Die Freiheit aber ist unbezahlbar. Und sie besteht in erster Linie aus Pfichten, verdammt, nicht aus Privilegien.

Die Freiheit, die sich Ed und seine neue „Familie“ auf Hiddensee erarbeiten, wird jedoch gerade durch eine andere Freiheit bedroht: die Wende deutet sich an, immer mehr Menschen verschwinden, um ihr Glück an der ungarischen Grenze zu versuchen, und auch der Klausner bleibt nicht davon verschont, dass die Insel nahe der Grenze nun nicht mehr nah genug zu sein scheint.

Kruso ist ein spannender, faszinierender, tiefer und vielschichtger Roman über Freundschaft und über Freiheit, die man auch dort finden kann, wo sie offiziell nicht existiert. Der Roman ist am 2. September erschienen und wurde bereits vor Veröffentlichung mit dem Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet. Außerdem hat Kruso den Deutschen Buchpreis 2014 gewonnen.

Mehr Informationen zu Kruso findet ihr auf der Buch-Seite des Suhrkamp-Verlags, inklusive Buch-Trailer und Interviews mit dem Autor: http://www.suhrkamp.de/lutz-seiler/kruso_1206.html.

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1 Kommentar

Preis der Leipziger Buchmesse 2020 - Die Nominierten - Piles to go 12. Februar 2020 - 21:18

[…] (Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst.) habe ich sehr gerne gelesen. An Kruso, mit dem Lutz Seiler 2014 den Deutschen Buchpreis gewonnen hat, erinnere ich mich auch noch gut […]

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